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Er poliert jede Seite der kleinen Kommode, schaut in die Ecken, kontrolliert Scharniere und Schubladen. Dennis Brandt (41) freut sich über den Zustand des Möbelstücks. „Es kann in den Verkauf in unsere „KaufBar“ in Büdelsdorf (Schleswig-Holstein)“, erläutert er.

In diesem Kaufhaus in Büdelsdorf (Schleswig-Holstein) kommen alte Sachen wieder in neue Verwendung.

Mit seinem siebenköpfigen Team „Wiederverwendung“ arbeitet Teamleiter Dennis Brandt in einem ungewöhnlichen Warenlager. Es steht auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie Alt-Duvenstedt (Schleswig-Holstein) der „Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde GmbH“ (AWR). Hierhin und zu neun weiteren Recyclinghöfen bringen Bürgerinnen und Bürger aus dem gesamten Umland ihren Müll oder das, was sie selbst nicht mehr haben wollen. In neun der Höfe werden Gegenstände für den späteren Weiterverkauf gesammelt.

Dennis Brandt und sein Team bereiten die Gegenstände für den Verkauf auf.

Sie prüfen die Funktionalität.

Reparieren vorhandene Schäden.

Testen die Technik bei Elektrogeräten.

Zum Schluss gibt es einen Aufkleber.

"Funktionalität geprüft!"

Viele der Fahrräder können wieder in den Verkauf.

Diese Dinge sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Wir haben schon Spielsachen in ihren Originalverpackungen bekommen. Möbel, Elektrogeräte, sogar ein Rennrad im Top-Zustand mit einem Wert von ungefähr 3000 Euro! Einmal wurde eine nagelneue Hüpfburg abgegeben, die offenbar nicht mehr gebraucht wurde“, sagt Dennis Brandt nachdenklich. Es sei zwar sein Beruf, diese Gegenstände anzunehmen und notfalls auch endgültig zu entsorgen - doch: „Es wundert mich schon, warum solche Alltagsgegenstände nicht mehr gewollt sind, obwohl sie noch gebraucht werden könnten. Das zeigt uns allen, in welcher Konsumgesellschaft wird leben.“

Mitarbeiterin Irene Husser mit Schallplatten, die auf dem Recyclinghof abgegeben wurden.
Teamleiter Dennis Brandt schaut sich die alten Elektrogeräte im Lager an.

Die AWR setzen gegen den Wegwerf-Trend seit einigen Jahren ein neues Konzept. Dennis Brandt und seine sechs Kolleginnen und Kollegen versuchen, die vielen oftmals nach einer kurzen Aufbereitung wieder tadellos nutzbaren Gegenstände vor dem endgültigen (Müll-)Aus zu retten!

„Es wundert mich schon, warum solche Alltagsgegenstände nicht mehr gewollt sind, obwohl sie noch gebraucht werden könnten. Das zeigt uns allen, in welcher Konsumgesellschaft wir leben." (Teamleiter Dennis Brandt).
Diese Kundinnen kommen regelmäßig in die "Kaufbar" zum Stöbern.

Ein mehrstöckiges Puppenhaus ist ein solcher Kandidat. Mit ein wenig Leim und handwerklichem Geschick baut Dennis Brandt es wieder zusammen. An der Werkzeugbank neben ihm prüft sein Kollege Marcus Stabler (44) die Funktion eines Möbelstücks. Hinter den beiden Männern liegt der Eingang zur großen Lagerhalle. Hier ist die nächste Station im „neuen“ Leben alter Gegenstände! Mitarbeiterin Irene Husser (57) schaut jeden Tag auf den Überfluss der Gegenstände, die andere nicht mehr haben wollten. Schallplatten, Spielsachen in allen Größen, Formen und Farben. Porzellan, ganze Haushaltswaren-Sets, Möbelgarnituren aus verschiedenen Jahrzehnten. Elektrogeräte, Fernseher, Stereoanlagen stapeln sich in langen, übereinander angeordneten Regalreihen. „Wir polieren, säubern und bereiten es auf, damit diese Dinge wieder eine neue Chance zur Wiederverwendung bekommen“, sagt sie.

Die beiden Kundinnen finden immer etwas in der KaufBar.

Im Hof hinter dem Lager steht Teamleiter Dennis Brandt mitten in einer nicht gezählten, wilden Anordnung von Fahrrädern. Für Damen, für Herren. Kinderräder. Sportliche Fahrräder und Tourenräder. „Vieles noch gut in Schuss. Mit ein wenig Pflege kommen die alle in den Verkauf und werden hoffentlich ihre Kundschaft finden.“

Bis zum Februar 2020 gab es nur ein paar Mal im Jahr die Gelegenheit für „Schatzsucher“ auf den AWR-Flohmärkten, wie Dennis Brandt sie nennt. Es zaubert ihm ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht, wenn so viel wie möglich verkauft werden kann. „Die Vereine, die die Einnahmen aus den Flohmärkten bekommen, legen die Preise selbst fest. Die „KaufBar“ in Büdelsdorf war dann der nächste Schritt, ein solches Angebot täglich anzubieten. Es ist wie ein kleines Kaufhaus, in dem „Gebrauchtes neu entdeckt“ und mitgenommen werden kann.“ Das Konzept haben sich die Verantwortlichen der AWR vorher in Dänemark angeschaut - und waren davon überzeugt. Seit der Eröffnung der „Kaufbar“, Anfang Februar 2020, werden sie von ca. 100 bis 150 Kunden bestätigt, die sich täglich durch das vielfältige Angebot suchen.

Neue Ware, die für die "KaufBar" aufbereitet wurde, trifft im Kaufhaus ein.

Mitarbeiterin Andrea Valentiner dekoriert einen Spiegel...

... und Spielzeug, das bei der Kundschaft der "KaufBar" sehr gefragt ist.

Dekorative Bilder werden auch sehr gut verkauft - stellen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fest.

Wir haben hier von Möbeln über dekorative Bilder, Spielsachen, Fahrräder, Bücher bis hin zum Modeschmuck und Kuriositäten eine Palette von etwa 10.000 Artikel“, stellt die Mitarbeiterin Andrea Valentiner (51) das Angebot vor. Die Damen achten auf eine schöne Präsentation - und die Kunden wohl eher auf die kleinen Preise! Zwischen ein paar Cents für Modeschmuck und bis etwa 300 Euro für diverse Möbelstücke reicht die Palette.

Vier Wochen nach der Eröffnung mussten wir die „KaufBar“ wieder schließen - da kamen die bundesweiten Anordnungen im Rahmen der Corona-Pandemie…", blickt Dennis Brandt auf die letzten Monate zurück. Die ersten Analysen der Kunden lassen ihn positiv nach vorne schauen: „Wir haben festgestellt, dass die Hälfte unserer Kundinnen und Kunden Stammkundschaft sind. Sie kommen wöchentlich wieder in die „KaufBar“. Das ist ein guter Trend!“

Die Preise für die alten Sachen sind niedrig angesetzt.
"Schallplatten laufen nicht so gut", sagt Teamleiter Dennis Brandt.
"Möbel werden bei der Kundschaft sehr gut angenommen", sagt Andrea Valentiner.
Dekoartikel, Elektrogeräte, Lampen und...

Und er beobachtet, welche gebrauchten „Schätzchen“ gut bei der „KaufBar“-Kundschaft ankommen: Kleinere bis mittlere Möbelstücke, Fahrräder Küchengeräte, Bilder. Schwer verkäuflich sind hingegen Kleidung, Schallplatten und DVD-Player. Die schon technisch sehr „angestaubte“ Unterhaltungselektronik weckt, trotz kleinster Preise, nur mäßiges Interesse der Schnäppchen-Kundschaft.

Schlaflose Nächte, wie andere Kaufhäuser, die auf Gewinn und Umsatz orientiert sein müssen, hatte das Team der „KaufBar“ jedoch nicht. Dennis Brandt: „Ein hoher finanzieller Profit oder viele Verkäufe sind nicht das Ziel des Unternehmens. Wir sind mehrheitlich in öffentlicher Hand. Einnahmen, die wir durch die „Kaufbar“ erzielen, sind zur Kostendeckung des Kaufhauses. Die Erlöse aus den Flohmärkten (beginnen wieder nach der Pandemie) werden an gemeinnützige Vereine gespendet.“

Kleine Kuriositäten bilden die bunten Farbtupfer des Angebots.

Keine Sorgen um die Zukunft bei den „Rettern der alten Dinge“ - im Gegenteil. Dennis Brandt berichtet von den nächsten Plänen: „Bis Ende des Jahres 2020 wollen wir unsere Fläche in der "KaufBar" von jetzt 500 Quadratmeter auf 800 Quadratmeter vergrößern. Die „Reparierbar“ soll damit gleichzeitig in die „KaufBar“ integriert werden, so dass wir näher dran sind an der Kundschaft.“ Dennis Brandt möchte eine Mitmachwerkstatt sein. „Die Bürgerinnen und Bürger können bei uns vorbeischauen, wenn sie kleinere handwerkliche Probleme oder Fragen haben.“ Ebenso möchte er mit seinem „Wiederverwendungsteam“ weiterhin in die Schulen. „Wir versuchen, die Idee der Wiederverwendung gerade den jungen Menschen näherzubringen. Etwas gegen die „Wegwerfmentalität“ zu tun. Es muss nicht jedes Jahr ein neues Handy sein, wenn das „alte“ noch tadellos funktioniert. Bei den Schülerinnen und Schülern sehen wir am Ende solcher Veranstaltungen immer sehr nachdenkliche Gesichter.“

Wieviel ihre Mitmenschen wegwerfen, was noch sehr gut zu gebrauchen wäre, sehen sie in der „KaufBar“. Dennis Brandt überprüft in seiner Werkstatt ein robustes „Outdoor“-Radio. Einschalten, Sender einstellen - funktioniert einwandfrei. Noch etwas Abstauben, polieren und dann den Aufkleber „Funktionsfähigkeit geprüft“ als Abschluss oben drauf!

Reparieren statt wegwerfen! Wieder ein altes Gerät, das nun eine neue Chance bekommen soll!

Eine Produktion von:

2021

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Kai Kapitän
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